Ich brauchte ihn. Er war meine zweite, meine bessere Hälfte geworden. Auf irgendeine Weise hatte er in letzter Zeit Sorayas Platz erobert, eingenommen und ihn erhalten. Und dann spürte ich wie die Gefühle umschlugen. Gegenüber Soraya war ich plötzlich neutral. Ich liebte sie nicht mehr über alles, sie war kein Teil mehr von mir aber ich konnte sie nicht hassen. Dafür lag die Vergangenheit zu tief zwischen uns. Und Ryan. Ich knurrte in Gedanken an seinen Namen, und zerquetschte den Stift schier in meiner Hand.
Liebe verwandelt sich in Hass, schrieb ich in mein Tagebuch. So schnell kann es gehen. Er hatte alles zerstört. Nicht Soraya. Nein, er war es. Er hatte mir das Herz gebrochen, er hatte Sorayas und meine Freundschaft zerbrochen und jedes Mal wenn ich ihn sah musste ich mich zusammenreißen nicht mit irgendetwas auf ihn einzuschlagen. Ich hatte keine Ahnung gehabt wie stark ich für jemand empfinden konnte. Nicht Liebe empfinden, nein Hass. Ich hatte noch nie jemanden so sehr gehasst wie ihn.
Er zerstört mein Leben, schrieb ich weiter. Und dann bohrte ich den Stift einfach in mein Tagebuch, biss die Zähne zusammen und krallte meine Hände fest um ihn.
Irgendwann ließ der Druck nach und Tränen liefen mir wieder über die Wange. Wütend wischte ich sie weg. Warum musste ich nur immer heulen? Ich war doch kein kleines Mädchen mehr. Aber irgendwie schlichen sich doch immer mehr Tränen aus meiner Mauer, die ich für die Außenwelt um mich geschlossen hatte hervor. Nur der Gedanke an ihn, an Jason ließ mich wieder zur Besinnung kommen. Entschlossen packte ich mein Tagebuch weg, den Stift ebenso und zog den Kajal hervor um meine Tränen zu überschminken. Ich schminkte mich wieder. Ob das wohl ein gutes oder schlechtes Zeichen war? Ich hoffte auf ein gutes. Mein Leben hatte mehr Gutes verdient.
Auf dem Weg Richtung Rosenhagen dachte ich an unsere erste Begegnung. "Genau hier!", sagte ich laut zu mir. Ich lächelte. Er war das Beste was mir bisher passiert ist. Er baute mich auf, langsam aber sicher. Und bald, bald würde ich ihn wiedersehen. Ich rannte jetzt. Ich wollte zu ihm, ich musste zu ihm. Jason. Ein wunderschöner Name. Genau die richtige Mischung aus alt und neu. "Jason und Nora!". Die Namen hörten sich gut zusammen an, und so sagte ich sie mir die Ganze Zeit vor. Und langsam wurde aus dem 'Ich' und 'Er' ein 'Wir'.